Welche Rolle spielt Religion in den Medien? Welche Themen werden behandelt, welche nicht? Wie beeinflusst die Darstellung unterschiedlicher Religionsgemeinschaften Politik und Gesellschaft? Welchen Platz finden Themen wie neue Religionen oder Atheismus? Wie steht es um die Selbstdarstellung religiöser Gemeinschaften? Und wie um die religiöse Vielfalt in den Redaktionen?
Diese Fragen diskutieren die Publizistin und Autorin Mely Kiyak, der Journalist Mohamed Amjahid sowie der Religionswissenschaftler Christoph Wagenseil gemeinsam mit den Dialogperspektiven-Teilnehmer_innen und dem Publikum am 23. November 2017 in Berlin.
Weihnachtsbräuche aus aller Welt, bärtige Männer mit Schläfenlocken, spirituelle Reisen in entlegene Klöster, Meditationspraktiken zur Bewältigung westlicher Sinnkrisen; fundamentalistische Evangelikale im Weißen Haus, islamistischer Terror, fanatische jüdische Siedler, Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche: Klischeehafte und einseitige Darstellung von Religion in den Medien finden sich allenthalben, dies gilt insbesondere für Minderheitenreligionen. Theologische Debatten oder religiöse Inhalte spielen in diesen Darstellungen kaum eine Rolle; wenn Religion medial thematisiert wird, dann vor allem als Klischee.
Damit einher geht eine zunehmende Entpolitisierung der Diskurse, in dem nicht mehr politische Ursachen für gesellschaftliche und soziale Probleme herangezogen werden, sondern religiöse und kulturelle Aspekte in den Vordergrund treten. So wird die Religionszugehörigkeit zum Integrationshindernis, anstatt politische und soziale Fehlentscheidungen zu thematisieren.
Nicht zuletzt nach der Bundestagswahl müssen sich die Medien dem Vorwurf stellen, sie hätten durch ihre Berichterstattung zum Wahlerfolg der AfD beigetragen, indem sie deren Themen – Flüchtlingspolitik, Einwanderung, Islam als Bedrohung – an oberste Stelle gerückt haben.
Wie steht es aber um die positiven Seiten medialer Darstellung von Religion? Und wie um die Selbstdarstellung religiöser Gruppen und Individuen? Hier bieten vor allem soziale Medien große Chancen, religiöse Vielfalt darzustellen. Soziale Netzwerke geben marginalisierten religiösen Gruppen und Individuen eine Stimme und schaffen Räume für Gegenpositionen zu denen religiöser Autoritäten und für neue Allianzen und Bündnisse.
Wo stehen wir heute in diesem Diskurs? Wie können Probleme und Konflikte thematisiert werden, ohne stereotype Fremdwahrnehmung oder radikale politische Untergangsszenarien zu transportieren, aber gleichzeitig ohne zu beschönigen? Wie können wir Medien dazu beitragen, dass sich gesellschaftliche Gräben nicht weiter vertiefen? Ist es Zeit, sich auf die Suche nach einer journalistischen Deeskalationsstrategie zu begeben? Mit diesen und weiteren wichtigen Fragen zur Darstellung von Religionen in den Medien werden wir uns am Abend des 23. November auseinandersetzen und sie gemeinsam mit unseren Gästen und einem interessierten Publikum diskutieren.
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