Was wir feiern und warum: Das Hizir-Fasten

In unserem Interreligiösen Kalender sind drei aufeinanderfolgende alevitische Fastentage markiert, die in diesem Jahr am 11. Februar beginnen. Unsere Teilnehmerin Ezgi hat uns in Kontakt mit einer Freundin gebracht, die uns beschreibt, was das Fasten für sie bedeutet und wer Hizir/Xizir eigentlich ist. Danke, Ceren! Wir wünschen dir und allen, die ebenfalls fasten, ein leichtes Fasten und schöne Abende des Fastenbrechens.

Einer der Gründe, die mich zum Fasten bewegen – sei es zur Muharrem Zeit oder das Xizir/Hizir Fasten – ist der, dass im alevitischen Glauben der Mensch mit all seinen Handlungen im Zentrum steht. Es geht um die Beziehung zwischen Gott und einem selbst. Keine äußeren Faktoren oder Beweggründe sollen dem im Wege stehen. Aufgrund von jahrelanger Verfolgung, Repression und Assimilation konnten sich viele Aleviten nicht öffentlich zu ihrem Glauben bekennen. Das könnte einer der Gründe dafür sein, weshalb die Existenz dieser Glaubensrichtung bis heute noch vielen unbekannt ist. Allgemein werden die Fastenzeiten der Aleviten nicht groß zelebriert und halten sich sehr bescheiden. Und genau das ist es, weshalb mich diese Religion so fasziniert und zum Fasten motiviert. Was sind meine Grenzen? Wie sehr kann ich mich selbst beherrschen? Bin ich eigentlich dankbar für all das, was ich habe? Ich faste nicht, weil es mir vorgeschrieben wird oder jemand es von mir erwartet. Ich faste vom Herzen, aus meiner Liebe zu Gott, zu meinem Glauben. Denn alles andere hätte keinen Sinn, wenn meine Beweggründe andere als diese wären.
Um den Glauben zu praktizieren, muss ich mich nicht unbedingt an eine heilige Stätte begeben. Natürlich werden in Glaubenshäusern Cem-Zeremonien durchgeführt, an denen man teilnehmen kann, doch trägt im alevitischen Glauben ein jeder seinen Glauben im Herzen und kann ihn überall ausleben. Die Verbundenheit zur Natur und zu allen Lebewesen ist unzertrennlich und von enormer Bedeutung. Für all meine Handlungen trage ich selbst die Verantwortung und stehe somit in Rechenschaft zu Gott. Antworten auf meine Fragen finde ich nur bei mir selbst. Es ist nicht nur bloß eine Religion, es fungiert zugleich als eine Lebensphilosophie.

Doch wer ist Xizir/Hizir?
Nach dem alevitischen Glauben haben die heiligen Brüder Xizir/Hizir und Ilyas als Propheten gelebt und das „Wasser der Unsterblichkeit“ getrunken, um Menschen zu helfen, die in Not sind. Sie dienen somit als Schutzpatronen. Außerdem kann uns Xizir/Hizir in unterschiedlichen Gestalten im Alltag begegnen, z.B. um zu prüfen, wie hilfsbereit und barmherzig die Menschen sind – oder aber auch, um einen schwierigen Lebenssituation zu überstehen helfen.
Von Mitte Januar bis Mitte Februar werden in verschiedenen Regionen zu Ehren des heilige Xizir/Hizir drei Tage lang gefastet. Es wird von Dienstag bis Donnerstag gefastet. Die meisten Menschen fasten in der zweiten Februarwoche, wenn der Xizir/Hizir-Fastenmonat zu Ende geht. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang wird nichts verzehrt oder getrunken. Abends wird gemeinsam mit der Familie oder innerhalb der Gemeinde das Fasten gebrochen. Im Unterschied zur Muharrem-Fastenzeit dürfen sogar Fleisch und andere tierische Produkte verzehrt werden.
Am letzten Abend wird Niyaz, ein spezielles Brot gebacken und Kavut vorbereitet. Die spezielle Speise aus Weizen ruht über Nacht. Jedes Familienmitglied wünscht sich etwas ganz Besonderes. Nach dem Glauben der Aleviten könnte dieser Wunsch nämlich in Erfüllung gehen, wenn Hizir über Nacht von der Speise kostet oder ein Zeichen des Segens darauf hinterlässt. Die Speisen werden am letzten Fastentag an die Gedenkstätte oder in Cem-Häuser gebracht, um sie gemeinsam zu genießen und mit allen anderen Besuchern zu teilen. Dort findet auch die gemeinsame Cem- Zeremonie statt.

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