Challenging Europe – Challenges of Europe – ein gelungener Start unseres ersten Jahres als europäisches Programm!
Im Rahmen des Herbstseminars 2020 kamen vom 7. bis 11. Oktober 2020 die Teilnehmer*innen des diesjährigen Programmjahres zum ersten Mal zusammen – sowohl in Weimar als auch online -, um sich mit Fragen der religiösen, politischen und gesellschaftlichen Pluralität und des Pluralismus der europäischen Gesellschaft auseinanderzusetzen. Damit das Herbstseminar trotz der Corona-Pandemie stattfinden konnte, wurde das Programm in hybrider Form konzipiert, die die Möglichkeit bot, an allen Programmpunkten auch online teilzunehmen.
Während fünf intensiver Tage des Arbeitens und der Diskussionen, der Begegnungen und des Austauschs fanden die diesjährigen Teilnehmer*innen – über 70 Studierenden und Promovierenden aus 18 europäischen Ländern mit vielfältigen religiösen und nicht-religiösen Zugehörigkeiten – bereits jetzt als Gruppe zusammen, begannen Beziehungen und Netzwerke aufzubauen, Ziele zu formulieren und eine Agenda für ihre gemeinsame Arbeit und ihr gemeinsames Handeln in diesem Programmjahr festzulegen.
Während des Seminars arbeiteten die Teilnehmer*innen in interdisziplinären Arbeitsgruppen, in denen sie sich mit unterschiedlichen historischen, politischen und gesellschaftlichen Bedingungen europäischer Gesellschaften und der religiösen, politischen und sozialen Vielfalt Europas auseinandersetzten:
Die Arbeitsgruppe Future Europe – a Space of Possibilities!, angeleitet durch Neta-Paulina Wagner konzentrierte sich auf Europa als Raum der Möglichkeiten und auf das Europa von morgen, anhand dieser zentralen Fragestellungen: Ist radikaler Wandel überhaupt möglich? Was ist realistisch und was ist utopisch? Und warum nicht nach Utopie streben?
Die Arbeitsgruppe It’s the End of Religion as We Know it?, angeleitet durch Prof. Dr. Frederek Musall, setzte sich mit den Herausforderungen für institutionalisierte und individualisierte Religion in Europa auseinander: Ist der spürbare Anstieg individualisierter religiöser Überzeugungen eine notwendige Folge moderner individualisierter Gesellschaften? Wie wirken sich Prozesse der digitalen Transformation und Wissensverteilung auf die modernen religiösen Kulturen aus und verändern sie? Und wie werden diese Entwicklungen letztlich unsere religiösen und kulturellen Werte prägen?
Die Arbeitsgruppe Antisemitism, Racism, and Postcolonialism – Historicizing a Complex Interrelationship, angeleitet durch Gil Shohat, beschäftigte sich mit der Geschichte der Zusammenarbeit und Ambivalenzen zwischen jüdischen Aktivisten und antirassistischen sowie antikolonialen Bewegungen und beleuchtete so die Vielschichtigkeit dieser historischen Beziehung, um unsere aktuellen Debatten möglicherweise besser zu verstehen.
Die Arbeitsgruppe It’s complicated – Religion, Worldviews and the State, angeleitet durch Maximiliane Linde, beschäftigte sich mit dem Verhältnis von Religionsgemeinschaften, Politik und Staat, ausgehend vom Status quo der Europäischen Union. Sie verband theoretische Ansätze zum Verhältnis von Religion, Politik und Staat mit der praktischen Diskussion über den Status quo dieses Verhältnisses in der Europäischen Union und die Herausforderungen, vor denen wir stehen, wenn wir eine pluralistische und integrative europäische Gesellschaft anstreben wollen.
Die Arbeitsgruppe Verschwörungsmythen zwischen Popkultur und Antisemitismus, angeleitet durch Dr. Alexander Graeff, thematisierte narrative Muster und strukturellen Antisemitismus in Verschwörungsmythen, in dem einige exemplarische Mythen (Qanon, Protokolle der Weisen von Zion) verglichen wurden.
Mehrere Vorträge ergänzten das Programm und thematisierten dabei unterschiedliche Aspekte und Herausforderungen des religiösen, politischen und gesellschaftlichen Pluralismus in europäischen Gesellschaften sowie allgemeine Annahmen und, die als Grundlage für unsere Arbeit dienen: Bring Dynamite, and a Crane, blow it up and start over again von Jo Frank (DialoguePerspectives), Conspiracy Myths in the Time of Corona von Prof. Peter Knight (University of Manchester) und Religious pluralism and religion in the public space in Europe von Effie Fokas, PhD (Hellenic Foundation for European and Foreign Policy).
Einen weiteren Schwerpunkt bildete die gemeinsame religiöse Praxis während des Seminars. Das Freitagsgebet, die Kabbalat-Schabbat-Feier und der ökumenische christliche Gebetsgottesdienst waren die Höhepunkte des religiösen Programms, das von den Teilnehmer*innen gemeinsam mit den religiösen Begleiter*innen Kerstin Söderblum, Max Feldhake und Dr. Ayşe Başol vorbereitet und durchgeführt wurde. Zu Beginn eines jeden Tages begann die Gruppe mit gemeinsamen Morgenimpulsen, gestaltet von den Teilnehmenden: mit einer hinduistischen Hymne, einer interaktiven Bibelarbeit, Simran, einer Sikh-Meditation, einem Input zur syrisch-orthodoxen Kirchentradition und -geschichte und einer musikalischen Meditation zu den 99 Namen Allahs.
Während eines Reflexionsformats setzten sich die Teilnehmenden, angeleitet von Kristina Schneider, mit fluiden Identitätskonstruktionen, mit Selbst- und Fremdzuschreibungen, mit der eigenen Position als Angehörige verschiedener religiöser, kultureller und sozialer Gruppen und den daraus resultierenden Privilegien und/oder Diskriminierungserfahrungen auseinander.
Einige der diesjährigen Teilnehmer*innen sind bereits in ihren Gemeinden, an Universitäten oder im Rahmen eigener Initiativen und Netzwerken in Europa im interreligiös-weltanschaulichen Dialog aktiv. Deshalb wurde das Format Let’s network entwickelt, um einen Raum für den Austausch von Projekten, Initiativen, dringenden Themen und Ideen zu schaffen und um Netzwerke erweitern und Synergien erzeugen zu können.
Das erste Seminars des neuen Programmjahres ging zu Ende voller Eindrücke und Erinnerungen an die Intensität der Begegnung, der Zusammenarbeit und der gemeinsamen religiösen Praxis. Und mit zahlreichen Ideen und Plänen für die Arbeit dieses Jahres.
Ein herzliches Dankeschön an alle, die das Seminar zu einem Erfolg gemacht haben. Wir danken allen in Weimar für den verantwortungsbewussten Umgang mit den Covid-19-Maßnahmen, der es uns ermöglicht hat, auch mit einem Abstand von 1,5 m Entfernung persönliche Beziehungen zu knüpfen. Wir freuen uns sehr darauf, die begonnene Arbeit fortzusetzen und auf das Wiedersehen im März 2021 zum Frühjahrsseminar in Luxemburg!
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