Rückblick: Frühjahrsseminar 2023

FRÜHJAHRSSEMINAR 2023: “Mapping Memory, Shaping Present & Future.Exploring the religious/worldview and social landscapes of Poland”

8. bis 12. März 2023, Kraków, Polen

Das zweite Seminar des Dialogperspektiven-Programmjahres 2022/23 führte uns und unsere Teilnehmer*innen nach Kraków in Polen. Dort waren wir zu Gast im Jewish Museum Galicija und wurden von unseren Partner*innen am Department of History of Judaism and Jewish Literatures der Jagiellonian University Kraków konzeptionell und organisatorisch unterstützt.

Nachdem wir im Herbstseminar 2022 die Potentiale und Chancen gesellschaftlicher Pluralität vornehmlich theoretisch-konzeptionell behandelt haben, ging es nun in einem zweiten Schritt um die praktische Anwendung bzw. die Übertragung auf konkrete gesellschaftliche Kontexte. Fünf intensive Tage (er-)lebten unsere Teilnehmer*innen die religiöse, weltanschauliche und gesellschaftliche Vielfalt Krakóws (und Polens) und hatten Gelegenheit, ihre Pluralitätskompetenzen ganz praktisch zu üben, zu erweitern und sich davon ausgehend auch mit ihrer eigenen Gruppendiversität auseinanderzusetzen.

Ziel des Frühjahrsseminares war es, möglichst viele und vielfältige Einblicke in das historische und gegenwärtige Kraków zu geben. Dabei ging es immer auch darum, das Spannungsverhältnis von Perspektiven auf die Stadt, in ihr und aus ihr heraus zu erfassen und jedem dieser Aspekte Raum zu geben. Unterschiedliche Formate wie Workshops, Panel-Diskussion, Reflexionen und gemeinsame religiös-weltanschauliche Praxis boten die Möglichkeit sich dem aus unterschiedlichen Richtungen anzunähern. Die Themen und inhaltlichen Schwerpunkte kamen teils von unserer Teilnehmer*innen aus dem Herbstseminar in, teils von unseren Workshopleiter*innen und teils von unseren Kooperationspartner*innen. Alles zusammen boten einen umfassenden Einblick in Fragen von Pluralität und welche Kompetenzen es braucht, um diese gesamtgesellschaftlich zu gestalten.

Highlights waren zweifellos die Exkursionen, bei denen die Teilnehmer*innen in kleineren Gruppen lokale zivilgesellschaftliche und religiöse Institutionen in Kraków besuchten –das Jewish Community Center, die Evangelical Church of the Augsburg Confession in the Republic of Poland, die Romani Foundation Jaw Dikh, das Salam Lab, das Jewish Culture Festival, die Fundacja Wiara i Tęcza (Faith and Rainbow) und die Cricoteka (Centre for the Documentation of the Art of Tadeusz Kantor). Nicht immer gestaltete sich das Miteinandersprechen problemlos und so wurden auch sprachliche Pluralität und die Fähigkeit zum gegenseitigen Verständnis jenseits verstandener Worte Teil der gemachten Erfahrung.

Auch in der Ausübung der eigenen religiösen Praxis waren unsere Teilnehmer*innen herausgefordert. Obgleich Kraków bekannt ist für die jüngste Revitalisierung jüdischen Lebens, hat die Stadt keine Gemeinde, die unsere ganze Gruppe (zusätzlich zu den eigenen Mitgliedern) an Shabbat aufnehmen konnte. Auch die Orte muslimischen Gebets sind klein und liegen zudem eher an den Stadträndern. An Kirchen (auch großen) besteht kein Mangel in Kraków, aber die allermeisten Gottesdienste sind katholisch und finden auf Polnisch oder Latein statt. Hier lernten unsere Teilnehmer*innen das Navigieren des Bekannten im Unbekannten. Zum Jum’ah-Gebet besuchte uns eine Gruppe muslimischer Studierender und gab unseren Teilnehmer*innen nach dem Gebet Einblicke in ihr Leben in Kraków. Shabbat und Hawdala gestalteten unsere jüdischen Teilnehmer*innen für die Gruppe und am Sonntagmorgen besuchten alle gemeinsam einen evangelischen Gottesdienst in polnischer Sprache.

Neben der religiösen war unser Frühjahrsseminar auch von weltanschaulichen Praktiken geprägt: Am Freitagabend versammelten wir uns zu einem von Teilnehmer*innen geplanten und umgesetzten Gedenken für die Erdbebenopfer in der Türkei, Syrien und Kurdistan. Hier zeigte sich die große Stärke der Gruppe, die diesen schweren Moment auf eigene Art und ohne vorgefassten Leitfaden beging. Am Sonntagnachmittag schlossen wir uns zum Abschluss des Seminars dem March of Plaszów in Gedenken an die Auflösung des Krakówer Ghettos 1943 an, womit wir uns als Gruppe auch mit den in Kraków gedenkenden Menschen verbanden.

Das zweite Seminar dieses Programmjahres ging zu Ende voller Eindrücke und Erinnerungen an intensive Begegnung, fruchtbare Zusammenarbeiten und an die ganz unterschiedlich geteilte religiöse und weltanschauliche Praxis. Mit Dank an alle Kooperationspartner*innen und Gastgeber*innen und mit den Anregungen unserer Teilnehmer*innen im Geist freuen wir uns nun auf die Vorbereitung unseres Wiedersehens beim Annual Summit im Juni 2023 in Berlin.

Bilder: İrem Çörekçi & Adrian Fiedler

 

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