Europas Polykrise, gekennzeichnet durch politische, soziale und ökologische Umwälzungen, erfordert dringend pluralistische Antworten. Jüngste Entwicklungen, darunter die Ergebnisse der US-Präsidentschaftswahl und das Auseinanderbrechen der deutschen Regierung, verschärfen die Krise Europas. Die Konvergenz gesellschaftlicher Polarisierung, Desinformation und Klimakatastrophen stellt eine greifbare Bedrohung für die europäische Demokratie dar. Ethno-nationalistische Bewegungen nutzen bestehende Krisen aus, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in Staaten und Institutionen in Europa zu untergraben. Die Angriffe vom 7. Oktober in Israel, der andauernde Krieg in Gaza und Libanon und die Diskussionen um die zukünftige Rolle Europas bei der Unterstützung der Ukraine bei der Verteidigung gegen Russland zeigen, wie geopolitische Instabilität auf Europa übergreift, Radikalisierung anheizt und die gesellschaftliche Resilienz bedroht. Zuletzt konnte dies bei den antisemitischen Angriffen in Amsterdam beobachtet werden. In diesem gesellschaftspolitischen Kontext ist die Rolle religiöser und weltanschaulicher Gemeinschaften und Perspektiven bei der Stärkung der Zivilgesellschaft entscheidend. Europa kann es sich nicht weiter leisten, die Rolle von Dialog in pluralen Gesellschaften zu ignorieren.
Seit zehn Jahren schließt Dialogperspektiven diese wichtige Lücke und fördert einen pluralistischen und inklusiven Ansatz, der das Potenzial europäischer Gemeinschaften nutzt, um Solidarität und gesellschaftliche Resilienz zu stärken. Dialogperspektiven hat sich als effektives Programm zur Umsetzung interdisziplinären und interkulturellen Dialogs in bedeutungsvolles Handeln erwiesen und sich als beispielhaftes Modell zur Stärkung der Resilienz Europas durch ein Jahrzehnt engagierter Arbeit etabliert. Wie Rabbiner Yehuda Sarna im Rahmen unserer Decade Edition anmerkte: „Resilienz ist die Fähigkeit, zu überdauern und nach einem Rückschlag wieder aufzustehen, aber was wir wirklich brauchen, ist Antifragilität – die Fähigkeit, aus jeder Krise nicht nur unversehrt, sondern gestärkt hervorzugehen“.
Zum zehnjährigen Jubiläum des Dialogs begann die Decade Edition 2024 mit einer öffentlichen Veranstaltung, in der Rabbiner Yehuda SarnasEröffnungsrede, „Resilience and Cooperation in Times of Crisis“ den Ton für eine umfassende Erkundung der Herausforderungen in Europa setzte. Die hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion „Confronting Europe’s Polycrisis: Historical Legacies and Contemporary Challenges“ bot tiefgründige Einblicke von Dr. Max Czollek, Prof. Dr. Mona Siddiqui OBE, Rabbi Yehuda Sarna und Prof. Dr. Andrea Pető.
Im Mittelpunkt der Konferenz mit Teilnehmer*innen aus ganz Europa stand das Verständnis, dass die Stärkung der europäischen Solidarität die Stärkung des Pluralismus erfordert. Internationale Kooperation muss Hand in Hand gehen mit konkreten Maßnahmen, die das europäische Selbstverständnis als starken und geeinten Verbund in den Mittelpunkt stellt – auf der Basis pluraler Demokratien.
Durch interaktive Workshops, Vorträge und Reflexionsräume ermöglichte die Konferenz eine differenzierte Auseinandersetzung mit drängenden gesellschaftspolitischen Themen. Das Programm betonte, dass das Fördern von interreligiös-weltanschaulichem Dialog unerlässlich ist, um den Kräften entgegenzuwirken, die Extremismus und gesellschaftliche Fragmentierung vorantreiben. Das Konferenzformat – eine Integration von Diskussionen, erfahrungsbasiertem Lernen und offenen Dialogforen – ermöglichte kritische Reflexion und gemeinsames Wachstum. Ein besonderes Highlight war die World-Café-Session, in der von Teilnehmer*innen geleitete und von Dialogperspektivengeförderten Projekte vorgestellt wurden, die den Pluralismus in europäischen Gesellschaften spürbar vorangebracht haben.
Im Rahmen der Decade Edition fand ein nicht-öffentliches Hintergrundgespräch mit politischen wie zivilgesellschaftlichen Entscheidungsträger*innen mit Rabbiner Sarna statt. Bei diesem eröffnete Rabbiner Sarna wertvolle Einsichten in die oft unsichtbaren diplomatischen Dimensionen von Dialog, die den Aufbau belastbarer Strukturen auch in Krisenzeiten ermöglichen.
Die Decade Edition von Dialogperspektiven zeigte, dass interreligiös-weltanschaulicher Dialog für die demokratische Resilienz und den sozialen Zusammenhalt Europas unverzichtbar ist. Die Veranstaltung unterstrich, dass Pluralismus handlungsorientiert, geschichtsbewusst und auf aktuelle Herausforderungen flexibel und effektiv reagierend sein muss. Er ist nicht nur ein Leitwert, sondern ein Grundpfeiler für Europas Zukunft.
Um Europas demokratische Zukunft wirklich und langfristig zu sichern, brauchen wir erweiterte und unterstützte Dialogräume innerhalb und außerhalb der EU. Diese Plattformen befähigen Gemeinschaften, eine aktive Rolle beim Aufbau einer geeinten, robusten Gesellschaft zu übernehmen. Als eine solche Plattform fordert Dialogperspektiven konkrete Investitionen in diese Bemühungen – denn die Resilienz Europas hängt davon ab.
Next Steps
European Practitioners Network Against Antisemitism
Workshop „Antisemitism in the Digital Age“
13. – 15. November 2024 | Belgrad, Serbien
Für weitere Details zu Dialogperspektiven, kontaktieren Sie uns bitte unter info@dialogperspektiven.de oder besuchen Sie unsere Webseite.
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